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Als Manga werden japanische Comics bezeichnet, die sich aufgrund ihrer charakteristischen Darstellung deutlich von den bekannten Comics (zumeist USA) unterscheiden und daher als eigene Kunstform betrachtet werden können. Entgegen der noch immer in Deutschland vorherrschenden Meinung „Manga sind für Kinder“, werden Manga für alle Altersgruppen produziert. Was bei Unkenntnis dieser Tatsache und der Missachtung von Altersfreigaben und Empfehlungen, zu weiteren Vorurteilen führt.

Manga – der Begriff[1]

Der Begriff „Manga“ wurde zum ersten Mal im 19. Jahrhundert von dem japanischen Holzschnittkünstler Katsushika Hokusai für seine Werke verwendet[2].

Er setzt sich aus den beiden Kanji-Zeichen[3] „man“ (= 漫) und „ga“ (=画) zusammen und wird „Mahngah“ ausgesprochen. Das Zeichen „man“ kann stehen für überfließen, überfluten, überall, allerwärts, frei, zwanglos, ziellos, spontan, komisch, verzerrt, witzig oder – bemerkenswerter weise – auch für moralisch verdorben. „Ga“ hingegen bedeutet einfach nur Bild oder Zeichnung. Somit ist eine exakte Übersetzung ins Deutsche kaum möglich. Eine verbreitete Übertragung ist „spontanes, zielloses Bild“.[4] Im Deutschen ist als Artikel sowohl „der“ als auch „das“ möglich und auch für die Pluralform werden oft zwei Formen, nämlich „Manga“ und „Mangas“ benutzt.[5]

Charakterisierte der Begriff damals nur die Schöpfungen des japanischen Künstlers, so steht Manga heute stellvertretend für Karikatur, Cartoon oder Comic(-Strip) im Allgemeinen.[6] In Japan wird Manga gleichberechtigt mit dem Begriff „Kommikusu“ verwendet. Hierbei handelt es um die die japanische Version des englischen Wortes „comic“ und steht für Comics allgemein, egal aus welchem Land sie kommen. Im Westen hingegen bezeichnet man damit grundsätzlich nur Comics aus Japan bzw. Comics, die sich am Mangastil orientieren.[7] Comics aus Korea hingegen heißen „Manhwa“ und Comics aus China „Manhua“. Die Ähnlichkeit in Schreibweise und Klang der Begriffe erklärt sich dadurch, dass sie aus den gleichen Ursprungs-Schriftzeichen bestehen. Diese wurden dann jeweils landestypisch abgewandelt.[8]

Geschichte und Entwicklung des Manga in Japan[1]

Die Vorläufer

Die Vorläufer der asiatischen Comics existierten bereits im 6. und 7 Jahrhundert und zwar in Form von Bildergeschichten, welche von buddhistischen Mönchen auf Tempelwände gemalt wurden. Ab dem 12. Jahrhundert ging man dazu über, die Bilderfolgen auf Papierrollen zu zeichnen.[9] Diese zeigten oft Motive wie Leben, Tod und Tiere. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kam es dann zu den ersten richtigen Bücher, die so genannten „Ukiyo-e“[10] und „Toba-e“[11], welche bereits vollständige Geschichten erzählten. Diese, in der Regel schwarz-weißen, Holzschnittdrucke wurden entweder mit Draht zusammengehalten oder als Leporello[12] gestaltet[13].

Dieser recht frühe Verzicht auf die Trennung von Wort und Bild, wie es bei uns im Westen eigentlich üblich ist, liegt unter anderem auch in der japanischen Sprache begründet. Selbige besteht aus drei Alphabeten: dem aus China importierten „Kanji“, welches aus Bildschriftzeichen besteht und den beiden Silbenalphabeten „Hiragana“ und „Katagana“. Das bildliche Verständnis und die Fähigkeit des Bild-Text-Lesens sind somit ein wichtiger Bestandteil der japanischen Schriftkultur.[14]

Die Anfänge

Große Welle

Katsushika Hokusai: Die große Welle von Kanagawa

Im 19. Jahrhundert verwendet der Holzschnittkünstler Katsushika Hokusai (1760-1849)[15] für seine Werke zum ersten Mal den Begriff „Manga“. Sein künstlerisches Spektrum umfasste u.a. Malerei, Holzschnitte und Skizzen, die teils realistische, teils surrealistische oder groteske Momentaufnahmen aus dem Alltag der japanischen Gesellschaft und Kultur der Edo-Zeit[16] darstellten.

Nach der Meji-Restauration Ende des 19. Jahrhunderts öffnete sich Japan nach 250 Jahren der Isolation dem Ausland, was einen steigenden Einfluss des Westens auf das „Land der aufgehenden Sonne“ zur Folge hatte. Diese Einflussnahme erstreckte sich auf Bereiche wie Technologie, Kultur und Lebensweise.[17]

So kam es auch zur Neugründung zahlreicher Zeitschriften und Magazine nach amerikanischem Vorbild. 1902 erschien dann der erste japanische Comicstrip namens „Tagosaku to Mokube no Tokyo Kembutsu“ in der Sonntagsbeilage der Zeitung „Jiji Shinpo“.[18] In den 1920er Jahren entstanden dann die ersten Comicserien, welche meist eine zusammenhängende Geschichte erzählten. Deren Themen waren Loyalität, Tapferkeit, Stärke und traditionelle Werte. Auch die so genannten „Koma-Manga“[19] wurden immer populärer.

Norakuro

Suiho Takagawa: Norakuro

Die Zeit des 2. Weltkriegs war geprägt von Zensur und Arbeitsverboten, letztere meist wegen nonkonformistischer Haltung. Diejenigen Werke, welche weder zensiert noch verboten wurden, waren entweder harmlose Familienstrips, diffamierende Einzelkarikaturen über den Feind oder Propaganda, die über dem eigenen oder dem Gebiet des Feindes abgeworfen wurde.[20]

Die Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Krieges blühte die Comicszene Japans rasch wieder auf und es bildeten sich zwei Hauptproduktionszentren heraus. Zum einen Tokio als Sitz der bereits etablierten Verlage, deren Schwerpunkte eher auf traditionellen und moralischen Themen lagen. Zum anderen Osaka als Entstehungsort der „Akahons“ („Rote Bücher“).[21] Dies waren billige Comics in sehr schlechter Druck- und Papierqualität, reißerischer Aufmachung und eigens für den Massenkonsum produziert. Lars Erbstößer, der damalige Chefredakteur der Zeitschrift „AnimaniA“, bezeichnet sie in seinem Artikel auch als „Pulp-Mangas“.[22]

Tezuka-Universum

Verschiedene Charaktere aus dem Tezuka-Universum

Des Weiteren bot Osaka aber auch vielen Künstlern eine Plattform um Neues zu entwickeln. Dies war z.B. bei Osamu Tezuka (1928-1989)[21] der Fall. Er schuf die wesentlichen Grundlagen für den heutigen Mangastil, wie die besonders großen Augen und entwickelte den „Story-Manga“.[23] Außerdem richtete er sich mit seinen Werken zum ersten Mal direkt an Kinder und sprach vermehrt sozialkritische Themen an. Auch legte er mit Gründung seines Animationsstudios das Fundament der Anime-Industrie.[24] Laut Paul Gravett, der seit über 20 Jahren im Comicbusiness tätig ist, umfasst das beeindruckende Lebenswerk Tezukas ca. 150.000 veröffentlichte Manuskriptseiten, 700 Mangas und über 60 Zeichentrickfilme.[25] Zu seinen wohl bekanntesten Werken zählen „Tetsuwan Atomu „ („Astroboy“) und „Jangurutaitei“ („Kimba, der weiße Löwe“). Osamu Tezuka trägt auch den Beinamen „manga no kami-sama“, was soviel bedeutet wie „Gott des Manga“.[26]

Die 1950er und 1960er Jahre

In dieser Zeit entdeckte man Jugendliche als neue Zielgruppe. Besonders Themen wie Historie, Abenteuer und Sport wurden immer populärer. 1959 wurde das „Shonen Magazine“ gegründet, die erste wöchentlich erscheinende Anthologie, welche bereits sieben Jahre später über eine Million Exemplare erreichte.[27]

Die 1960er Jahre waren geprägt von dynamischen und actionbetonten Sport- und Verwandlungsmangas. Auch fielen in dieser Zeit zum ersten Mal Comics auf, die durchgehend dramatisch und auch gewalttätig waren, die so genannten „Gegika“. Das anhaltende Wirtschaftwachstum und der damit verbundene zunehmende Erfolgsdruck spiegelten sich auch in den Inhalten der Mangas wieder, die eine Möglichkeiten boten, der Realität kurzzeitig zu entkommen.[21]

Von den 1970ern bis in die 1990er

Ab den 1970er Jahren wurden die Mangas zunehmend aufreizender, extremer und radikaler, was zur Folge hatte, dass sich auch das Erotikgenre mehr und mehr etablierte. Das stagnierende Wirtschaftswachstum führte auch beim Manga zu einem steigenden Anteil an sozialkritischen Themen, wie Umweltverschmutzung und politische Korruption.[21]

Dragonball Manga

Ein Ausschnitt aus dem Manga „Dragonball“ von Akira Toriyama

Außerdem tauchten zu dieser Zeit die ersten Shoujo-Mangas[28] auf. Diese konnten sich im Laufe der 1980er immer mehr etablieren und gewannen auch zunehmend männliche Leser. Des Weiteren konnte auch der so genannte „Ladys-Comic“ seine Popularität kontinuierlich steigern. Dieser richtete sich an ein älteres, reiferes und weibliches Publikum. Als neue Spielart des Erotikgenres bildete sich der „Lolikon“[29] heraus, welcher aber Ende der 1980er Jahre schnell wieder an Bedeutung verlor.[30] Darüber hinaus wird dieser Zeitabschnitt oft auch als „goldenes Zeitalter der Science Fiction“ bezeichnet, wobei „Akira“ von Katsuhiro Otomo als einer der Meilensteine der Comic-Geschichte gilt und maßgeblich an der Verbreitung von Manga und Anime im Westen beteiligt war. Ein weiteres nennenswertes Werk ist „Dragonball“ von Akira Toriyama, welches mittlerweile eines der meistverkauften Comics der Welt ist.

Die 1990er brachten nur wenige nennenswerte Änderungen mit sich. Die Science Fiction wurde mehr und mehr von Fantasy und Komödien abgelöst und die asiatischen Comics gewannen zunehmend Einfluss auf die westliche Comicszene.[31]

Manga heute

Heutzutage erscheinen in Japan wöchentlich bis monatlich taschenbuchdicke Manga-Anthologien, in denen auf 100-200 Seiten die neuesten Kapitel verschiedener Serien zusammengefasst sind. Sie sind für ca. 300-400 Yen[32] an Zeitungsständen, Kiosken, in Buchhandlungen oder auch per Automat erhältlich. Dies ist in der Regel Wegwerfware, da die Papier- und Druckqualität sehr schlecht ist.[33] Diesen Magazinen liegen meist Umfragebögen bei. So hat der Leser einen nicht unerheblichen Einfluss darauf, ob eine Serie weiter erscheint oder eingestellt wird.

Jeweils im Abstand von mehreren Monaten erscheinen Taschenbücher mit Schutzumschlag, in denen mehrere Kapitel einer Serie zusammengefasst sind. Hier liegt die Qualität meist weitaus höher als bei den Magazinen, da diese „Tankobons“[34] gesammelt und aufbewahrt werden. Neben der normalen Auflage werden auch oft limitierte Sonderauflagen veröffentlicht, denen Merchandising-Artikel beiliegen.[35]

Markt

Der Anteil von Manga am japanischen Markt der Druckerzeugnisse

Manga ist eine der Hauptsäulen des japanischen Verlagwesens. Ein Drittel sämtlicher japanischer Printmedien setzt sich aus Comics zusammen. 2004 erwirtschafteten die 1,4 Milliarden veröffentlichten Titel einen Gesamtumsatz von ca. 504 Billionen Yen.[36]

Jährlich verkaufen sich rund 2 Milliarden Mangazeitschriften und –bücher. Pro Monat erscheinen 300 Zeitschriftentitel und 400 Buchtitel. Jeder Japaner kauft im Jahr ca. 15 Mangas. Zum Vergleich: Der deutsche Bundesbürger las im Jahr 2004 im Durchschnitt 0,25 Comics.[37] In Japan gibt es ungefähr 150 Verlage, die Mangas veröffentlichen, wobei drei davon, nämlich Shûeisha, Kôdansha und Shôgakukan 70% der Marktmacht innehaben.[38] Auch das Internet wird mehr und mehr zum neuen Medium, denn in Japan ist es bereits möglich sich das neueste Kapitel seines Lieblingsmangas aufs Handy runterzuladen.

Der Manga ist mehr und mehr zum festen Bestandteil des japanischen Kulturguts geworden und aus dem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Faltblätter von Behörden, einfache Hinweisschilder, Gebrauchsanweisungen von Geräten und Zubereitungshinweise von Gerichten – all diese Dinge sind teilweise im Mangastil gestaltet.[39] Manche Werke wurden sogar in den Lehrbuchkatalog von Schulen aufgenommen, wie z.B. „Asakiyume-mishi“ („Geschichte vom Prinzen Genji“) von Yamato Waki.[40] Auch bei Aufnahmeprüfungen von Universitäten ist es nicht ungewöhnlich auf Fragen aus dem Comicsektor zu stoßen. Jaqueline Berndt, seit 2005 Gastdozentin für Japanologie an der Universität Leipzig, verwendet in ihrem Buch „Phänomen Manga“ hierfür das Wort „Mangaisierung“, stellvertretend für die „Infiltration Japans durch den Manga“.[41]

Mangas in Deutschland[1]

Geschichte

Nicht die japanischen Comics hielten zuerst Einzug auf dem deutschen Markt, sondern die Animationsfilme. Auf diese soll an dieser Stelle nur kurz eingegangen werden, da sich ein späteres Kapitel noch einmal detaillierter damit auseinander setzen wird.[42] Alles begann im Jahr 1961 als mit „Der Zauberer und die Banditen“ der erste Anime in deutsche Kinos kam.[43] Der Film stammt aus dem Studio Toei, welches auch Klassiker wie „Captain Future“ und Kassenschlager wie „Sailor Moon“ und „Dragonball“ produzierte. Doch zurück zu den Anfängen. Ähnlich wie „Der Zauberer und die Banditen“ waren auch die 1977 nachfolgenden Fernsehserien „Kimba, der weiße Löwe“ und „Heidi“ für Kinder gemacht.[21] Aus diesem Grund ist das bis heute vorherrschende Vorurteil Mangas und Animes seien nur Kinderkram wenigstens teilweise nachvollziehbar. Die beiden Kinofilme „Akira“ und „Ghost in the Shell“ stellen hier zwar die Ausnahme dar, jedoch konnten sie nicht für den endgültigen Durchbruch sorgen. Somit blieben die Animes eher ein Geheimtipp.[21] In Sachen Manga tat sich auf dem deutschen Markt auch lange Zeit nichts. 1982 veröffentlichte der Rowohlt Verlag mit „Barfuss durch Hiroshima“ von Keiji Nakazawa den ersten Manga in Deutschland. Ebenso wie der sieben Jahre später veröffentlichte Titel „Japan GmbH“ von Shotaro Ishinomori, welcher übrigens der erste Manga über ein Sachthema war, konnte dieser nur Achtungserfolge erzielen.[21] Den nächsten Versuch unternahm der damalige Chef-Lektor von Carlsen Comics Andreas Knigge, indem er die Mangaserie „Akira“ von Katsuhiro Otomo 1991 veröffentlichte. Damals waren Geschichten über Superhelden sehr populär, und um dem amerikanischen Vorbild zu ähneln wurde die Serie gespiegelt und farbig gedruckt. Durch den Preis von 30 Mark pro Band bei insgesamt 20 Alben erreichte der Comic jedoch nur eine geringe Leserschaft und der Manga an sich blieb nach wie vor ein Nischenprodukt.[44]

AnimaniA Ausgabe 1 1994

AnimaniA Ausgabe 1/1994 und Ausgabe 08-09/2006

1994 kam dann mit der AnimaniA das erste deutschsprachige Mangamagazin auf den Markt. Hier wurde alle zwei Monate über die neuesten Veröffentlichungen in Japan und den USA informiert und man konnte sich mit anderen Lesern und den Redakteuren, die ja auch Fans waren, über sein Hobby austauschen. Dies geschah jedoch alles noch in einem sehr kleinen Rahmen.

Der eigentliche Durchbruch erfolgte, als das ZDF 1995 begann, die erste Staffel des Animes „Sailor Moon“ auszustrahlen, der bis heute Kultstatus hat.

Diese Serie war für viele Fans das „Schlüsselerlebnis“ und der erste bewusste Zugang zu Manga und Anime.[45]

Bronze Manga

Ausschnitt aus dem Manga „Bronze“ von Minami Ozaki

Auf dem Printmarkt war die Serie jedoch zu Beginn noch nicht sonderlich erfolgreich. Der eigentliche Boom auf diesem Sektor wurde 1997 durch die Veröffentlichungen des Mangas „Dragonball“ von Akira Toriyama ausgelöst. Diese war auch die erste in original japanischer Leserichtung belassene Serie. Von diesem Manga wurden bis heute ca. 7 Millionen Exemplare in Deutschland verkauft.[46] Dieser rasche Anstieg der Nachfrage nach japanischen Comics war eine direkte Folge der Stagnation des bisherigen Comicmarkts. Die erste Comiclesergeneration war bereits erwachsen und der Markt verlor aufgrund fehlender Impulse zunehmend an Attraktivität. Auch die durch den digitalen Medienkonsum veränderten Sehgewohnheiten der nachfolgenden Generation dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Diesen Ansprüchen konnten Mangas mit ihrem eher filmähnlichen Charakter besser gerecht werden, als westliche Comics.[47]

Im Jahr 2000 wurde dann mit „Bronze“ von Minami Ozaki, der erste Shonen Ai-Manga auf Deutsch verlegt. Dieses Genre erfreut sich vor allem bei der weiblichen Leserschaft großer Beliebtheit und wird nach wie vor weiter ausgebaut.[48]

Bereits ein Jahr später kam „Dragic Master“ von Robert Labs auf den Markt. Hierbei handelte es sich um die erste deutsche Eigenproduktion in Sachen Manga und wenn sie auch nicht sonderlich erfolgreich war, so animierte sie viele andere Hobbyzeichner dazu ihr Glück zu versuchen. So gibt es seit 2002 als Kooperation zwischen dem Carlsen Verlag und der Leipziger Buchmesse den Zeichenwettbewerb „Manga-Talente“, wo immer wieder neue Talente entdeckt werden.[21] Seit dieser Zeit erobern Mangas Stück für Stück den deutschen Comicmarkt und verdrängen die bis dato gängigen Comicgattungen. Machte beispielsweise der Carlsen-Verlag im Jahr 1995 noch knapp 400.000 Euro Umsatz mit Mangas, lag er 2000 schon bei vier Millionen Euro.[49] Im Jahr 2005 erbrachte der Verkauf der japanischen Comics einen Bruttoumsatz von knapp 70 Millionen Euro, was Schätzungen zufolge ca. 75-80% des heutigen Comicmarkts ausmacht.[50]

Talente 2006

Manga-Talente 2006

Mittlerweile tummeln sich auf dem deutschen Markt fünf große und zahlreiche kleine Verlage. Von Anfang an dabei waren Carlsen Comics, Egmont Manga & Anime und Planet Manga, eine Untergruppe des Panini Verlags. Hinzugekommen sind mittlerweile Tokyopop, der größte Mangaverlag in den USA, und Heyne.[21] 2005 erzielte der Mangamarkt ein Wachstum von 6,9% und liegt somit deutlich über dem des Büchermarkts, welcher nur um 1% gewachsen ist.[21]

Dies zeigt zwar, dass die Zuwachsraten der „Gründerjahre“ nicht mehr erreicht werden, dennoch wäre es vorschnell zu vermuten, dass dieses Phänomen nur eine kurze Modeerscheinung ist.

Man sollte eher von einer Konsolidierung des Marktes reden, denn bei fast 1000 Neuerscheinungen im Jahr 2006 droht die Übersättigung. Momentan werden teilweise wahllos Unmengen neuer Titel auf den Markt geworfen, so dass das derzeit große Interesse an asiatischen Comics möglichst gewinnbringend ausgenutzt werden kann. Dabei wird die Qualität, sei es in Bezug auf das Thema oder den Stil, leider oft vernachlässigt. Oft kann auch eine regelmäßige bzw. komplette Veröffentlichung nicht gewährleistet werden, was oft für Verärgerung unter den Fans sorgt.[51] Laut Dr. Joachim Kaps, dem Leiter von Tokyopop Deutschland, bietet jedoch allein der Mangamarkt hier in Deutschland ein Potenzial von 100 Millionen Euro, welches die diversen Anbieter auszuschöpfen gedenken.[52]

Auch auf dem Animemarkt tummeln sich zahlreiche Anbieter. OVA-Films zum Beispiel ist das älteste reine Animelabel, dessen Produkte exklusiv bei ACOG vertrieben werden.[53] Auch Mangaverlage, wie zum Beispiel Tokyopop und Planet Manga/Panini bringen DVDs zu ihren Mangaserien auf den Markt. Überdies sind auch große Produktionsfirmen wie Paramount, Universal oder Warner mit ihren Titeln vertreten. Erwähnenswert ist auch noch Anime House, das Label der (mittlerweile eingestellten) Zeitschrift MangasZene.[21]

Sprich, ein Ende des Phänomens ist nicht in Sicht.

Man darf darüber hinaus nicht vergessen, dass ich es sich hierbei nicht nur um Mangas und Animes an sich dreht. Im Zuge des allgemeinen Asienbooms sind Begriffe wie „Tamagotchi“, „Feng Shui“ und „Sudoku“ in aller Munde.

AnimagiC

Logo der AnimagiC

Mittlerweile hat sich rund um die asiatischen Comics eine eigene Szene formiert, die man fast schon als „Generation Manga“ bezeichnen kann. Dabei geht es nicht mehr um das Lesen der Bildergeschichten, sondern vielmehr schon um einen Lebensstil.

So findet seit 1999 mit der AnimagiC eine der größten Conventions rund um Manga und Anime in ganz Europa statt. Alljährlich pilgern Tausende von Fans nach Koblenz, bzw. dieses Jahr zum ersten Mal nach Bonn, um sich dort mit Gleichgesinnten zu treffen. Es wird ein vielfältiges Programm angeboten: Cosplaywettbewerbe, Fanartaustellungen, Karaoke, Musicals, GO-Workshops[54], Synchroworkshops, Videospiele, Signierstunden japanischer und deutschen Manga-ka, Zeichenkurse oder Rollenspiele, um nur einige Beispiele zu nennen.[55]

MangasZene Ausgabe 1

MangasZene Ausgabe 1 und Ausgabe 34

Auch hat sich neben der bereits erwähnten Zeitschrift „AnimaniA“ mittlerweile ein zweites Magazin in Deutschland etabliert. Die „MangasZene“ erschien seit 2001 alle 2 Monate neu und bot neben Informationen über Mangas und Animes auch Einblicke in das japanische Leben an sich. Das Magazin (gegründet von zwei ehemaligen Redaktionsmitgliedern der AnimaniA) wurde aufgrund eines Insolvenzverfahrens gegen die Gründer, nach unregelmäßigen Erscheinungen ab 2006, dann entgültig 2007 eingestellt. 

Darüber hinaus ist auch das Interesse an der asiatischen Kultur ein großer Bestandteil dieses Fanverhaltens. Von asiatischem Essen und japanischen Sprachkursen bis hin zum Studium der Japanologie ist hier alles vertreten. Auch japanische Musik findet in Deutschland immer mehr Anklang. So gibt es seit Juli 2005 mit "Gan Shin" das erste deutsche J-Rock-Label auf dem deutschen Markt. Neben der Veröffentlichung der Alben diverser japanischer Künstler ist Gan Shin auch Veranstalter und Organisator von Konzerten japanischer Bands in Deutschland.[56] Nähere Angaben zum Fanverhalten finden sich in der Umfrage.[57]

Merkmale und Stil[1]

Leserichtung

Die japanische Leserichtung

Eines der erste Dinge, die dem westlichen Comicleser auffällt wenn er zum ersten Mal einen Manga aufschlägt ist, dass er es falsch aufschlägt. Entsprechend der japanischen Schreibweise verlaufen die Aneinanderreihung der Bilder und Texte vertikal. Man liest also von oben nach unten und zusätzlich noch von rechts nach links.[58] Tatsache ist aber, dass die Sprache praktisch in jegliche Richtung geschrieben werden kann, außer von unten nach oben. Dies ermöglicht eine erhöhte Flexibilität und Kreativität in Bezug auf das Layout und lockert somit die Seite mehr auf.[59]

Allerdings kam es deshalb auch zu Schwierigkeiten bei den westlichen Übersetzungen, da diese zu Beginn des Mangabooms oft noch gespiegelt wurden. So konnte es schon mal passieren, dass alle Charaktere plötzlich Linkshänder waren oder ein Auto von 100 auf 0 beschleunigte.[60] Auch beanstandeten viele Fans einen Mangel an Echtheit und Aussagekraft aufgrund der Spiegelung. So gingen die Verlage in den letzten Jahren dazu über, die Mangas in asiatischer Leserichtung zu belassen. Dies hat zum einen eine größere Authentizität und eine Kostenersparnis bei Übersetzung und Druck zur Folge. Für viele westliche Leser ist dies zu Beginn recht verwirrend und bildet für viele erwachsene Leser das erste Abschreckungsmoment. Im Endeffekt jedoch braucht man nicht lange, um sich an diese Art des Lesens zu gewöhnen.[61]

Schwarz-weiß

Ein weiteres Kennzeichen der asiatischen Comics ist nach Erbstößer der überwiegend monochrome Druck.[62] Bis auf das Cover und manchmal ein paar wenige Farbseiten zu Beginn sind Mangas nämlich rein schwarz-weiß gehalten. Dies dient einerseits dazu, die Produktionskosten niedrig zu halten, denn asiatische Comics sind im Vergleich zu ihren westlichen Verwandten meist billiger. Die seltenen Farbseiten ähneln oft Aquarellzeichnungen und weisen Schattierungen und Abstufungen auf, im Gegensatz zu den westlichen Comics, wo eher vollfarbige Flächen bevorzugt werden.[21]

Andererseits orientiert man sich somit auch stark an den Traditionen der japanischen Kunst, insbesondere der Kalligraphie und der Farbholzschnitte. Die Linie wird zum Hauptgestaltungselement und man ist nicht von Farbe abhängig, wenn man bestimmte Effekte und räumliche Tiefe erzeugen will. Ganz nach der „weniger ist mehr“ Philosophie der japanischen Kunst haben es laut Schodt viele Zeichner gelernt mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an subtilen Emotionen zu transportieren.[63]

Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass es einem Manga-ka[64] aufgrund des enormen Zeitdrucks gar nicht möglich ist die 14-20 Seiten, welche er pro Woche abgeben muss, noch zusätzlich zu kolorieren.[65]

Umfang und Bild

Bemerkenswert ist auch der Umfang der meisten Mangaserien. Diese sind nämlich um ein Vielfaches länger als ihre westlichen Pendants. Hunderte oder sogar Tausende von Seiten sind keine Seltenheit sondern eher die Regel.[66] So umfasst der Manga „Dragonball“ zum Beispiel 42 Bände. Dies gibt dem Manga-ka die Möglichkeit zu experimentieren, was die Darstellung bestimmter Szenen oder die Erzählweise angeht. Überdies sind sich Berndt und Erbstößer einig, dass eine weitere Ursache für den Umfang vieler Mangas die Lesegeschwindigkeit der Japaner ist. Die Bildlichkeit ermöglicht es – mediale Übung vorausgesetzt – rasch den Sinn zu erfassen und „im Sog der Stimmungen aufzugehen“.[67]

So schafft es der Durchschnittsjapaner in einer Minute bis zu 16 Seiten zu lesen. Somit ruht sein Blick weniger als 4 Sekunden auf einer Seite.[68] Dieses überaus schnelle Lesen hat zur Folge, dass die Bilder und Seiten fließen. Gabriele Fischer spricht hier von einer „dynamischen bis offenen Bildaufteilung“.[69] Das heißt unter anderem, dass die Anzahl von Einzelbildern pro Seite ist nicht immer gleich ist. Eine Seite kann von nur einem Bild eingenommen werden und die nächste besteht aus mehreren Panels. Auch bei der Abgrenzung zwischen den Einzelbildern gibt es keine einheitlichen Richtlinien und so kommt es vor, dass diese ganz fehlen. [21]

Außerdem bedient man sich oft kinematographischer Techniken wie Montage, Überblendung oder Ein- und Ausblende und selbst Zeitlupenfrequenzen können Verwendung finden. Dadurch kann das Geschehen aus mehreren Perspektiven dargestellt werden und der Blick wird auf Dinge gerichtet, die sonst übersehen würden. Erbstößer bezeichnet den Manga an sich auch sehr zutreffend als „Film in Einzelbildern“.[70]

Im Gegensatz hierzu unterliegen westliche Zeichner einer größeren Platzknappheit. Ihnen stehen in Comicstrips in Zeitungen zum Beispiel nicht mehr als 4-5 Einzelbilder zu Verfügung, um ihre Geschichte zu repräsentieren. In Comics an sich stehen ihnen nicht mehr als 20 Seiten pro Monat zur Verfügung, wohingegen es bei Zeichnern in Japan 30 Seiten pro Woche sind.[71]

Lone Wolf and Cub

Kozure Okami: Lone Wolf and Cub

Einen weiteren Grund für die epische Länge asiatischer Comics sieht Frederik L. Schodt, der sich als einer der Ersten im Westen mit dem Thema Manga auseinandergesetzt hat, in der Kultur Japans. Hierzu meint er: „Like Japanese poetry, Japanese Comics tend to value the unstated; in many cases the picture alone carries the story. Just as a dramatic film might opt a minute of silence, several pages of a comic story may have no narration dialogue.”[72] Ein Beispiel hierfür ist der Manga „Lone Wolf and Cub“ von Kozure Okami. Dieser umfasst an die 8400 Seiten. Schwertkämpfe können darin bis zu 30 Seiten lang andauern und das einzige Geräusch sind die Schwerter, welche aufeinander prallen.[73]

Geräuscheffekt

Dies bringt uns zum nächsten Aspekt. Im Gegensatz zu amerikanischen Comics, wo Soundeffekte in ihrer Bandbreite eher begrenzt eingesetzt werden, sind Geräusche ein wichtiger Bestandteil von Mangas und werden stark miteinbezogen, um eine bestimmte Grundstimmung zu erzeugen. Erbstößer merkt in seinem Artikel hierzu an: „Die Japaner haben die Technik der lautmalerischen Geräuscheffekte perfektioniert“.[74]

So gibt es für nahezu jede Situation einen entsprechenden Effekt, dargestellt in Hiragana oder Katakana.

Hier einige Beispiele:[75]

  • Erröten → „Poo“
  • Fallen von Blättern → „Hira Hira“
  • Milch, die in den Kaffee gegeben wird → „Suron“
  • Kein Geräusch → „Shiin“
  • Ein Ninja, der mitten in der Luft verschwindet → „Fu“
  • Das Essen von Nudeln → „Suru, Suru“
  • Die Flamme aus einem Feuerzeug → „Shubo“

Verknüpfung von Einzelbildern

Eine Verknüpfung von Einzelbildern kann laut Scott McCloud, dem amerikanischen Comickünstler und –theoretiker in sechs Kategorien erfolgen:[76]

  1. Von Augenblick zu Augenblick
  2. Von Handlung zu Handlung
  3. Von Gegenstand zu Gegenstand
  4. Von Szene zu Szene
  5. Von Gesichtspunkt zu Gesichtspunkt
  6. Paralogie[77]
Die Kunst des Comic-Erzählens

Scott McCloud: Die Kunst des Comic-Erzählens

Die amerikanischen und europäischen Comics lassen sich meist den Kategorien 3) und 4) und ganz besonders der Kategorie 2) zuordnen. Im japanischen Manga hingegen finden sich eher die Verknüpfungen nach Kategorie 1) und 5).[78]

So wird bei einer Bilderfolge gemäß Kategorie 1) die Bewegung einer Person, die zum Beispiel den Kopf dreht, zerlegt und wie in Zeitlupe dargestellt. In Kategorie 5) hingegen wird in einer Szene, die einem Ereignis vorausgeht, wird beispielsweise erst die Gesamtansicht eines Hauses gezeigt und dann ein Ausschnitt des Gebäudes näher herangeholt. Dies könnte man am ehesten mit dem Vorgang des Zoomens vergleichen.[79]

McCloud erklärt sich diese unterschiedliche Vorgehensweise dadurch, dass im japanischen Manga aufgrund seiner Länge einfach mehr Einzelbilder verwendet werden können. Überdies stellt er die Hypothese auf, dass sich dahinter eine typisch asiatische Tradition verbirgt, die dem scheinbar Überflüssigen eine besondere Bedeutung einräumt.[80]

Während unsere Kultur und Literatur sehr zielstrebig ist und ohne Umschweife zum Punkt kommt gibt es im asiatischen Raum eine „große Tradition zyklischer und labyrinthischer Kunstwerke“[81], in welchen der Aspekt der Pause, des Verharrens und des Alltäglichen eine große Rolle spielt.

Gemäß Fusanosuke Nazume, einer der renommiertesten Mangakenner und –kritiker Japans, ist gerade die Fähigkeit eine Szene mit dem Augen ganz ruhig zu verfolgen und dadurch die Bedeutung alltäglicher, beinahe leerer Momente zu entdecken, eine Sache, die Japaner sehr gerne mögen. Er ist auch der Ansicht, dass gerade dieser Ausdruck von Alltäglichkeit und einer „psychologischen Innerlichkeit“ einen großen Reiz des Manga ausmacht.[82]

Augen

Wohl das herausragendste Charakteristikum asiatischer Comics und Animationsfilme sind die großen Augen.

Manga-Augen

Manga-Augen

Ein Grund hierfür ist laut Erbstößer der Reiz des Exotischen – die Umwandlung von asiatischen in „große“ westliche Augen ist nach wie vor eine der häufigsten Schönheitsoperationen in Japan.[83]

Besonders im Shoujo-Manga sind große Augen sehr populär. Manche Verlage haben sogar Richtlinien, dass die Augen mindestens ein Drittel des Gesichtes einnehmen müssen.[21] Dies mag daran liegen, dass viele Geschichten dieses Genres vornehmlich in fernen, nicht asiatischen Ländern spielen und die Protagonistinnen ein eher westliches Aussehen haben. Außerdem dienen die Augen in dieser sehr gefühlslastigen Gattung dazu, Emotionen zu transportieren. Mit ihnen kann man sehr gut ausdrücken, wie der Charakter im Moment empfindet. Schodt bezeichnet in seinem Klassiker „Manga! Manga! The world of Japanese comics“ das Auge sehr zutreffend als „...a window on the soul, and one of the first places emotions are physically manifested.“[84]

Ein weiterer Grund für die großen Augen ist die Niedlichkeit, auf japanisch „kawaii“. Man soll die Figuren instinktiv süß finden und gern haben. Dadurch will man die Sympathie des Betrachters erwecken. Die großen, weit auseinander stehenden Augen, die kleine, oft kaum erkennbare Nase und noch dazu der winzige Mund entsprechen genau dem bekannten Kindchenschema.[85]

Genre

s. Haupartikel: Genre

Vorurteile – berechtigt oder nicht?[1]

Fans von Manga und Anime haben hierzulande immer noch mit sehr großer Intoleranz zu kämpfen.

Artikel, wie im Focus Nr. 27 von 2002 tragen auch nicht unbedingt zur Verbesserung der Situation bei. Kommentare wie „die Realitätsferne vieler Kinder- und Jugendmangas, die oft erschreckend blutrünstig eine pseudogeschichtliche Vergangenheit illustrieren, dient auch als Handlungsmotor für die spätestens seit den achtziger Jahren boomenden Porno-Mangas.“[86] oder „Mangas werden erdacht, gezeichnet, gedruckt, verkauft, gelesen und weggeworfen...“[21] bedienen bedauerlicherweise stereotype Vorstellungen. Der Artikel des Focus-Autors ist von Vorurteilen durchzogen und zeigt, wie wenig sich Sven F. Goergens mit dem Thema auseinander gesetzt hat. So bedient er auch das alte Klischee, dass in Japan mehr Papier für „die Herstellung der skizzenhaften Bilder-Lektüre“ verbraucht wird, als für die Intimhygiene.[21] Diese Behauptung passt jedoch am ehesten in den Bereich der „urban legend“[87] und nicht in ein Nachrichtenmagazin.

Leider tragen solche Artikel, die in einer so populären Zeitschrift wie dem Focus veröffentlich werden, nachhaltig zur öffentlichen Meinungsbildung bei.

Doch inwieweit sind die generellen Vorbehalte, welche es gegenüber Mangas gibt berechtigt oder nicht?

Natürlich gibt es generelle Vorbehalte, wie zum Beispiel die Leserichtung oder der monochrome Druck.[88] Auch wird der oft sehr unrealistische Zeichenstil – riesige Augen und übertriebene Köperformen – häufig angeprangert. Hierzu muss man aber anmerken, dass es gar nicht die Intention des Manga ist, ein realistisches Bild der Wirklichkeit wiederzugeben. Außerdem orientieren sich die Japaner gern am Westen und es ist eine Tatsache, dass zum Beispiel westliche Frauen eine etwas weiblichere Figur haben als Japanerinnen. Da Manga-ka ihre Geschichten oft in entfernten Ländern spielen lassen, ist es nachvollziehbar, dass sie die dortigen Schönheitsideale, wenn auch oft übertrieben, in ihren Werken wiedergeben.[89]

Beispiele für Sex und Gewalt in Mangas

Beispiele für Sex und Gewalt in Mangas

Eines der häufigsten Vorurteile ist der Vorwurf, Manga und Anime würden nur aus Sex und Gewalt bestehen.[90] Es ist laut Schodt eine Tatsache, dass es Mangas mit allem anderen als jugendfreiem Inhalt gibt, jedoch ist das nur ein kleiner Teil. Die überwiegende Mehrheit des Angebotes besteht aber aus harmloser Unterhaltungslektüre.[91]

Man sollte überdies auch nicht vergessen, dass wir es hier mit der japanischen Kultur zu tun haben, welche sich in wesentlichen Dingen von der unsrigen unterscheidet. Frederik Schodt meint hierzu: „Every culture, whether Moslem, Christian, or Buddhist, has different norms auf acceptability in the arts.“[92]

Somit fußen Mangas auf der über Jahrhunderte hinweg kultivierten traditionellen japanischen Erzählkunst. Sie sind die direkten Nachkommen der populären Volksliteratur der Edo-Zeit. Die explizite Darstellung sexueller Handlungen und stilisierter Gewalt, wie etwa ein Samurai, der sich den Bauch aufschlitzt, gehören zu den Hauptcharakteristika der damaligen Literatur- und Kunstepoche.[21] Überdies sollte man nicht vergessen, dass Sex und Gewalt in Comics keine Widerspiegelung der Gesellschaft sind, welche diese rezipiert. So haben laut Gravett Studien ergeben, dass im Jahr 1992 die Anzahl angezeigter Vergewaltigungen in den USA um das 27fache höher war als in Japan.[93] Generell gilt Japan als eines der sichersten Länder der Welt, mit der niedrigsten Verbrechensrate im Vergleich zu den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien und gleichzeitig einer beträchtlich höheren Aufklärungsrate der begangenen Straftaten.[94]

Sowohl Erbstößer als auch Schodt schreiben dies zum Teil den Comics zu.Denn die Verbrechensrate sank genau in der Periode, in welcher die Popularität von Manga und Anime regelrecht explodierte.[95] Beide Autoren führen dies auf die Tatsache zurück, dass Mangas dem Leser die Möglichkeit bieten in ihrer Fantasie all das auszuleben, was in der Realität nicht möglich ist.[96] Im Land der aufgehenden Sonne ist die Diskrepanz zwischen Fantasie und Realität enorm. Schodt macht dies an folgendem Beispiel deutlich. Ein frustrierter japanischer Schüler stellt sich vor, wie er seinem Lehrer mit einer AK-47 erschießt. Dies ist nicht mehr als eine absurde Fantasie. Der Schüler würde dies niemals in die Tat umsetzen, denn dafür ist die Stabilität der japanischen Gesellschaft zu groß. Vor allem der Rückhalt, den er in der Familie findet, spielt hier eine große Rolle.[97] Für einen amerikanischen Schüler jedoch liegen die Dinge, wie die Vergangenheit gezeigt hat, anders. Er hat die Möglichkeit sich eine Waffe zu beschaffen und ihm wird überdies durch zahlreiche vorangegangene Vorfälle gezeigt, dass man seine Fantasien auch ohne weiteres in die Tat umsetzen kann.[98] Natürlich bezieht sich dieses Beispiel auf die USA, doch hat der Amoklauf von Erfurt gezeigt, dass solche Dinge auch hier in Deutschland möglich sind. Sprich, das Problem liegt eigentlich in der Gesellschaft an sich. Einzelne, im Gegensatz zu Fernsehen und Internet eher unbedeutende Medien wie z.B. die Comics, werden dann gerne zu Sündenböcken abgestempelt.[99] Der eigentliche Wert von Comics liegt jedoch nach Erbstößer darin eben diese Gewaltausbrüche zu verhindern. In seinem Artikel bezeichnet er die Rezeption von Comics als „Instant-Eskapismus“[100], sprich die Möglichkeit der Kanalisierung von anderweitig nicht auslebbaren Gefühlen, die auch in vielen westlichen Ländern unterdrückt werden, sei es durch gesetzliche bzw. gesellschaftliche Zwänge oder Verbote. Mangas dienen somit nicht, wie oft propagiert, der Gewaltprovokation sondern eher dem Stressabbau.


Schodt hat dies sehr treffend auf den Punkt gebracht: „Comics thus depict a fantasy world outside of the rigid conventions, where the truly impossible is possible. While comics can convey a massage about reality, very few of them depict it realistically. And Japanese comic readers, who are very much at home in their medium, rarely confuse the two worlds.”[101] Hierbei sollte man aber nicht vergessen, dass grundsätzlich von einem “durchschnittlich konditionierten, erwachsenen Leser“ ausgegangen wird.[102] Dies soll natürlich nicht heißen, dass das Lesen von asiatischen Comics automatisch zu weniger Gewalt- und Sexualstraftaten führt. In seinem Werk „Dreamland Japan“ macht Frederik Schodt jedoch noch folgende Bemerkung, über die es sich lohnt nachzudenken. Er sagt, dass viele Nichtjapaner, die Mangas als besonders pornografisch und gewalttätig empfinden, dabei ihre voreingenommene Sicht der Dinge übersehen.[103] Viele Amerikaner sind zum Beispiel über die Inhalte von Mangas entsetzt, weil sie diese unbewusst mit amerikanischen Comics vergleichen. Während diese Art von Literatur in Japan als Massenmedium zur Unterhaltung, ähnlich wie Bücher und Filme, betrachtet wird, gelten Comics in der westlichen Welt nach wie vor als „Kinderkram“ Doch wie kam es dazu? Früher waren Comics für jedermann bestimmt, egal ob Kind oder Erwachsener. Es gab sie in Form von Kalenderblättern mit Haushaltstipps, zur Veranschaulichung von Benimmregeln oder als gezeichnete Satire. Als einen sehr populären Vertreter kann man an dieser Stelle Wilhelm Busch nennen. Christian Schmidt, der Webmaster der Website „Animestreet.de“ geht sogar soweit, Fresken in der Kirche, welche die Bibelgeschichte nacherzählen, mit Comics zu vergleichen.[104]

Der erste Schritt in Richtung Infantilisierung kam von seitens Disneys. Zu Beginn waren die Zeichentrickfilme noch an ein breites Publikum gerichtet, wie z.B. „Steamboat Willie“ von 1928 oder die Filme aus der Reihe „Silly Symphonies“, welche in den 1930er Jahren nach Deutschland kamen.[21] Während des 2. Weltkriegs änderten sich überdies die Anforderungen an Zeichentrickfilme. Propagandacartoons standen im Vordergrund und auf allen anderen Gebieten griff die Zensur immer stärker durch. Dies nahm teilweise sehr abstruse Formen an. So wurden Bilder, auf denen Kuheuter zu sehen waren einfach herausgeschnitten, da man Kinder mit Cartoons anspruchsvoll erziehen und nicht „verderben“ wollte.[21] Bei den Comics und Trickfilmen, welche für Soldaten konzipiert wurden, waren zumindest sexuelle Anspielungen kein Problem. Lediglich Werke, die angeblich Rückschlüsse auf Kriegsgeheimnisse zuließen wurden zensiert.

Nach dem Krieg und mit Aufkommen des Fernsehens in den USA, wurden dann die alten und harmlosen Kinocartoons ins Kinderprogramm aufgenommen. Die Rechte für diese Filme wurden daraufhin auch vom deutschen Fernsehen erworben und auch dort im Kinderprogramm ausgestrahlt.[21] Schmidt kommt somit zum Fazit, dass sowohl Comics als auch Zeichentrickfilme in der deutschen Gesellschaft eigentlich nur als Unterhaltung für Kinder angesehen werden.[21] Ein weiterer Grund warum Mangas und Animes oft nur auf Sex und Gewalt bzw. Kinderkram reduziert werden, ist das Angebot hier in Deutschland. Dieses spiegelt leider nicht die Vielfalt und Abwechslung wieder, die eigentlich hinter Manga und Anime steckt. Der Grund dafür ist recht simpel. Verlage und Filmfirmen suchen sich in erster Linie die Titel heraus, mit denen sich am meisten Profit machen lässt.[105]

Was den Vorwurf von zuviel Sex und Gewalt angeht, so ist es hier doch dasselbe wie auch in anderen Medien: „sex sells“. Gerade weil viele noch das Bild im Kopf haben, dass Comics eigentlich nur den Kindern vorbehalten sind, ist es besonders skandalös, wenn man bei einer vermeintlich harmlosen Bildergeschichte auf eher explizite Zeichnungen und Themen stößt.

Beim so genannten „Kinderkram“ handelt es sich um Serien, wie „Sailor Moon“, „PokeMon“ oder "Yu Gi Oh“, die vor allem für ein jüngeres Publikum ausgelegt sind. Somit können die Firmen sehr früh damit beginnen die „Kunden von morgen“ an sich zu binden. Auch tut sich hier mit den vielen Begleitprodukten, wie Sammelkarten, Computerspielen oder Kleidung eine neue und vor allem lukrative Geldquelle für die Anbieter auf.

Deshalb ist es für Leute mit Manga und Anime als Hobby nach wie vor schwer, Akzeptanz seitens der Gesellschaft bzw. teilweise sogar vom eigenen Umfeld zu erlangen. Trotz der Tatsache, dass sich die Situation von Comics im allgemeinen und Mangas im speziellen in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, ist man noch weit von der allgemeinen Anerkennung von Comics und Trickfilmen als Kunstform entfernt. So kann es einem Fan nach wie vor passieren, dass man ihn entweder als „kinderfressender Unhold“ oder „geistig zurückgebliebener Sonderling“ ansieht.[106] Schaut man sich jedoch das Verlagsprogramm der deutschen Firmen an, wird deutlich, wie groß die Themenvielfalt auf dem Mangamarkt auch schon bei uns in Deutschland ist.[107] Gabriele Fischer meint hierzu:“ Was das Gros der Mangaveröffentlichungen in Deutschland angeht, so sind diese in Stil, Anspruch und Inhalt ebenso differenziert wie die übrige belletristische Literatur. So ist es wieder angebracht, alle Mangas als niveaulos oder unanständig zu verteufeln, noch kann davon ausgegangen werden, dass jeder von einem renommierten deutschen Verlag herausgegebene Titel automatisch zu den qualitativ besseren Mangas gehört...“[108]

Dabei übersehen viele die Chance, die diese Medien bieten können. Lars Erbstößer hat dies meiner Meinung nach sehr gut auf den Punkt gebracht: „Mangas bieten die Möglichkeit, uneingeschränkt zu träumen.“[109] Damit meint er nicht nur Träumereien in punkto Sex und Gewalt, sondern auch so Dinge wie Freundschaft, Liebe, Abenteuer oder die sorgenfreie Kinderwelt.

Gründe für die Faszination und deren Folgen[1]

Doch warum üben Mangas eine so große Faszination auf viele westliche Konsumenten aus? Da wäre zum einen der Exotikfaktor. Mangas unterscheiden sich allein durch ihre stilistischen Merkmale sehr von den bisher bekannten Comics. Dadurch üben sie einen großen Reiz auf die Jugend aus, die vielleicht darin auch eine Möglichkeit sieht, sich von ihren Eltern abzugrenzen. Während es laut Georg Tempel, dem Verlagsleiter von Egmont, bei Mode, Musik, TV und Film kaum noch große Unterschiede gibt, können Mangas ein deutliches Mittel zur Unterscheidung sein.[110] Gabriele Fischer bringt es meiner Meinung nach sehr passend auf den Punkt: „Was vor 50 Jahren die Rockmusik und vor 15 Jahren Techno war, sind jetzt Mangas: ein Mittel, sich und die eigene Generation neu zu definieren und gegenüber der älteren abzugrenzen.“[111]

Ein weiterer Punkt ist, dass Mangas sehr viel filmischer erzählen als ihre europäischen Pendants und somit besser mit der allgemeinen Entwicklung des Films zum Leitmedium mithalten können. Somit kommen sie dem multimedialen Freizeitverhalten der heutigen Kinder und Jugendlichen eher entgegen. Dies liegt daran, dass Mangas in der 1950er Jahren zeitgleich mit dem Fernsehen an Popularität gewannen und somit Comics und Zeichentrickfilme in Japan schon immer eng miteinander verbunden waren.[112]

Überdies sprechen asiatische Comics mit ihrer großen Vielfalt an Themen ein breiteres Publikum an. Vor allem durch die Tatsache, dass es speziell Comics mit Themen für Mädchen gibt, konnten neue Zielgruppen erschlossen werden. Die bisherigen Comics aus dem frankobelgischen und amerikanischen Bereich waren nämlich vorwiegend an ein männliches Publikum gerichtet. Mittlerweile sind ca. 60% der deutschen Mangaleser weiblich und von dem Shoujo-Magazin „Daisuki“ des Carlsen Verlags werden monatlich bis zu 35.000 Exemplare verkauft.[113] Speziell Thematiken wie Freundschaft, die erste Liebe – und die damit verbundene Auseinandersetzung mit der eignen Sexualität – finden großen Zuspruch. Dies mag daran liegen, dass viele der Jugendlichen sich mit den einzelnen Charakteren identifizieren können. Somit können Mangas eine wichtige Hilfestellung auf dem Weg ins Erwachsenwerden darstellen. Auch ermöglichen die zahlreichen Fantasyelemente eine zeitweilige Ablenkung von der Realität, was viele Leser als sehr entspannend empfinden.[114]

Des Weiteren bieten Mangas eine weitaus bequemere Möglichkeit, Comics zu konsumieren, da sie weniger textlastig sind. Man lässt Bilder auf sich wirken und ist weniger aktiv gefordert. Dies soll jedoch nicht heißen, dass sie zu oberflächlichem Lesen verführen oder die Sprache an sich vernachlässigen. Auch Mangas, bei welchen der Text scheinbar zugunsten der Bildsprache in den Hintergrund rückt, müssen oft genau gelesen werden, damit man sie versteht.[115]

In gewisser Weise wirken Mangas auch lesefördernd. Das Leseinteresse verbreitet sich unter Gleichaltrigen recht schnell, da sie sich oft untereinander über die neueste Geschichte oder ihre Lieblingscharaktere austauschen. Somit werden ebenfalls eher leseungewohnte Jugendliche angesprochen und angezogen. Gerade bei der sonst eher leseschwachen Gruppe der Jungen erfreuen sich Mangas großer Beliebtheit.[116] Für viele Konsumenten von Mangas hört jedoch die Faszination beim Lesen nicht auf. Sie werden selbst kreativ und entwerfen eigene Geschichten oder stellen Kopien der Kostüme ihrer Lieblingscharaktere her. Hierbei können Dinge wie Geduld oder Ausdauer gefördert werden.[21]

Überdies lernen viele Jugendliche über dieses Hobby neue Freunde kennen, wodurch sie oft auch die notwendige Bestätigung erhalten und selbstbewusster werden.

Manhwa und Manhua[1]

Manhwa

Manhwa ist der in der westlichen Welt gebräuchliche Begriff für Comics aus Südkorea. Gleichsam wie ihre japanischen Vettern sind sie eng mit der Kultur ihres Landes verbunden und spiegeln diese auch in ihren Inhalten wieder. Dinge wie der Kampf gegen den japanischen Kolonialismus, militärischen Eingriffe von seitens der USA oder der Korea-Krieg werden oft in den Manhwas verarbeitet. Natürlich dreht sich nicht alles nur um ernste Themen. Genau wie im Manga finden sich auch hier Motive und Genre aller Art wieder - vom kurzen Comicstrip bis zu langen Serien über mehrere tausend Seiten, von Komik bis Drama.[117]

Ähnlich wie in Japan erfreuen sich Manhwas in ihrer Heimat großer Beliebtheit. 2002 wurden im Comicbereich über 9000 Titel veröffentlicht und ca. 40% davon waren Manhwas.[21] Die Comics werden nicht nur in den Buchhandlungen angeboten, sondern auch in Privatbibliotheken, den so genannten „Manhwabang“. Diese sind 24 Stunden geöffnet und man hat die Möglichkeit sich bequem hinsetzen und im Angebot schmökern. Die Bezahlung erfolgt pro Stunde. Überdies verbreiten sich die Manhwas mehr und mehr über das Internet und seit neuesten kann man sich sein Comic auch aufs Handy laden.[21]

Man sollte den Manhwa jedoch nicht mit dem Manga gleichsetzen. Beide entstanden ungefähr gleichzeitig und der koreanische Comic wurde sicherlich sowohl von japanischen als auch von westlichen Impulsen geprägt, wandelt doch mittlerweile auf eigenen Wegen. Dies liegt hauptsächlich an den großen kulturellen Unterschieden zwischen Korea und Japan. Das zeigt sich vor allem in den erzählerischen Besonderheiten ebenso sehr wie in dem oft vorhandenen Bezug auf die koreanischen Geschichte und der Verwandtschaft zur örtlichen Malerei.[118] Eine weitere Abweichung ist die Leserichtung. Genau wie westliche Literatur wird hier von links nach rechts gelesen. Generell sind die Comics auch nach Geschlechtern aufgeteilt, jedoch richten sich diese mit 60% Marktanteil überwiegend an weibliche Lesen und auch die Hälfte der Comiczeichner besteht aus Frauen.[119]

Von den inhaltlichen Unterschieden abgesehen sind Manhwas meist etwas heller und freundlicher gestaltet als ihr japanisches Pendant. Außerdem sind sie teilweise auch realistischer gezeichnet. So haben die Charaktere in koreanischen Comics meist dunkle, also natürlich asiatische Haarfarben. Des Weiteren sind die Personen oft sehr groß, schlank und feingliedrig und grundsätzlichen etwas weicher gezeichnet. Zusätzlich ist der koreanische Comic mehr erzähl-, als charakterorientiert.[21]

Im Sammelband zur Frankfurter Buchmesse im Jahr 2005, bei welcher Korea als Gastland fungierte, spricht man von „der nächsten großen Welle der asiatischen Comics“.[120] Diese greift nach und nach auch auf Europa über und so erscheinen mittlerweile ca. 10 Manhwatitel bei Tokyopop Deutschland, Tendenz steigend.[121]

Beispiele für Manhwas

Beispiele für Manhwas

Beispiele:

  • Yeo Beop-Ryang ; Hui-Jin, Park : Legend of Sword (erschienen bei Egmont Manga & Anime)
  • Kyung-Ah Choi : Snow Drop (erschienen bei Tokyopop) · Hyun-Dong Han : Kumiho (erschienen bei Tokyopop)
  • Choi Kyung-Ah : Bibi (erschienen bei Egmont Manga & Anime)
  • Yang Kyung-Il : Island (erschienen bei Planet Manga)
  • Myung-Jin Lee : Ragnarök (erschienen bei Planet Manga)
  • Eun-Jin Seo : Fantamir (erschienen bei Tokyopop)
  • Young You Lee : K2 (erschienen bei Egmont Manga & Anime)

Manhua

Mit dem Begriff Manhua bezeichnet man Comics aus China und Taiwan. Im Gegensatz zu den Mangas und Manhwas entwickelten sich diese Bildgeschichten erst in den 1990er Jahren.[122]

Lianhuanha

Ein Ausschnitt aus dem Lianhuanha „Jiangsu renmin chubanshe“ von A Ju

Die Vorläufer des Manhua waren die so genannten „Lianhuanha“[123], einzelne Bilder mit Text darunter.[124] Diese wurden zusammengeheftet und im ganzen Land verschickt. Laut Andreas Seifert, einem der Autoren der elektronischen Kulturzeitschrift „Parapluie“, wurden sie somit in den frühen Jahren der Volksrepublik systematisch „zu einem Medium für die Massen mit einem didaktischen und politischen Anspruch ausgebaut“.[125] Anzunehmen, die Lianhuanhas seien somit ausschließlich politisch und nationalistisch geprägt, ist jedoch falsch. Weitere Inhalte waren auch traditionelle und religiöse Geschichten. Außerdem dienten sie noch zur Verbreitung von Informationen. Da sie sich aber nach und nach zur Kunstform entwickelten, verloren sie einen Großteil ihrer Leserschaft.[126]

Die in erster Linie städtische Jugend entdeckte dann in den 1990er Jahren die Manhuas oder auch „Katongs“[127] für sich. Diese neue zeichnerische Erzählung kommt den Bedürfnissen der chinesischen Jugend sehr entgegen. Sie ermöglicht eine Suche nach der eigenen Identität, eröffnet neue Perspektiven und biete die Chance sich von den Eltern abzugrenzen.[128]

Die sehr große Ähnlichkeit mit dem „großen Bruder“ Manga kommt nicht von ungefähr. Zu Beginn wurden japanischen Comics nach China importiert und entweder als Lizenz- aber meist jedoch als Raubdruck vervielfältigt und verbreitet. Chinesische Zeichner orientieren sich nach wie vor stark am Stil ihrer japanischen Vorbilder und auch die Verlage in China übernehmen die japanischen Modelle der Kundenbindung. So werden den Manhuas oft Fragebögen beigelegt, mittels welcher die Publikumsakzeptanz nachgeprüft werden soll. Diese Ergebnisse werden dann in den nachfolgenden Veröffentlichungen umgesetzt. Überdies fördern die Verlage auch die Anhängerschaft, indem sie so genannte „Katong-Conventions“ und Workshops veranstalten.[21] Auch die Genrebenennung ist teilweise ähnlich. So hat der „Shoujo-Manga“ im „Shaonü-Manhua“ wohl sein chinesisches Pendant gefunden. Ebenso die Genrevielfalt ähnelt der in Japan. Die Themen gehen von Selbstfindung, Familie, Freunde, über Liebe und Homosexualität bis hin zu Kritik am System, Ironie und Zynismus.[129]

Diese Genrevielfalt ist ein Anzeichen dafür, dass die staatliche Kontrolle über den Sektor der Printmedien in den letzten Jahren bedeutend schwächer geworden ist. Natürlich gibt es nach wie vor Comics mit ideologischen und nationalistischen Inhalten, doch sind diese nicht in der Mehrzahl. Dies liegt daran, dass der zunehmende Konsum der Jugendlichen die Wirtschaft ankurbelt. Somit bleibt den meist staatlich kontrollierten Verlagen aus ökonomischer Sicht oft keine andere Wahl, als sich den Wünschen und Bedürfnisse der Jugend anzupassen.[130] Jedoch sind Manhuas noch nicht wie ihre japanischen Vorbilder zu einem Massenphänomen geworden. Dies hat zur Folge, dass sich in unserem Teil der Welt Bekanntheitsgrad noch stark in Grenzen hält.

Manhuas

Beispiele für Manhuas

Beispiele:

Lin, Selena

  • Bye, bye, Baby (erschienen bei Toykopop)
  • Burning Moon (erschienen bei Tokyopop)
  • Sweet as Candy (erschienen bei Toykopop)
  • The Flower Ring (erschienen bei Tokyopop)

Berufe rund um Manga und Anime

siehe Haupartikel: Berufe rund um Manga und Anime

Referenzen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Dieser Abschnitt ist ein Auszug aus der Diplomarbeit von Michaela Sturm und Melanie Teich vom 29. September 2006.
  2. Amano, Musanao : Manga Design. Köln : Taschen 2004 S. 7
  3. Kanji ist die Bezeichnung für chinesische Schriftzeichen, wie sie in der japanischen Schrift verwendet werden
  4. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. In: Katholische öffentliche Bücherei 3(2006)20, S. 5
  5. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. Comic-Kultur in Japan. Berlin : Edition Q 1995, S. 12
  6. Erbstößer, Ralf : Das Anime-ABC. In: AnimaniA Sonderheft Nr. 1(1998)Fanart Special, S. 39
  7. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 18
  8. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S. 11
  9. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 28 ff.
  10. Sammelbezeichnung für japanische Druckgrafik.
  11. Benannt nach dem Priester Toba (1053-1140) einem berühmten Künstler, der Papierrollen bemalte
  12. Ein langes, zick-zack-gefaltetes Heft.
  13. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 28 ff.
  14. Egmont Manga & Anime : Manga lesen kann schlauer machen http://www.manganet.de/4357.jsp
  15. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 34
  16. Als Edo-Zeit wird der Abschnitt der japanischen Geschichte von 1603 bis 1868 bezeichnet, benannt nach dem damaligen Namen der Hauptstadt, Edo.
  17. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 6 ff.
  18. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 42
  19. Gagmangas, vergleichbar mit den Comicstrips aus den Tageszeitungen.
  20. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? In: AnimaniA Sonderheft Nr. 1(1998)Fanart Special. S. 6 ff.
  21. 21,00 21,01 21,02 21,03 21,04 21,05 21,06 21,07 21,08 21,09 21,10 21,11 21,12 21,13 21,14 21,15 21,16 21,17 21,18 21,19 21,20 21,21 21,22 21,23 21,24 21,25 Ebd.
  22. Vgl. ebd., S. 7
  23. Als Story-Manga werden solche Comics bezeichnet, die in laufenden Fortsetzungen erscheinen und nicht nur kurze Episoden darstellen.
  24. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. S. 45 ff.
  25. S. Gravett, Paul : Manga. Sixty years of Japanese comics. New York : Harper Design International 2004. S. 24
  26. Schmidt-Denter, Kerstin : TEZUKA Osamu. Der Gott des Manga http://www.japanlink.de/ll/ll_leute_tezuka.shtml
  27. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 8ff.
  28. Mangas speziell für Mädchen.
  29. Japanischer Neologismus für „Lolita-Komplex“
  30. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. S127 ff.
  31. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 8ff.
  32. 1€ ≈ 150¥
  33. Schodt, Frederik L. : Dreamland Japan. Writings in modern manga. 3. Aufl. Berkely. CS : Stone Bridge Press. 2002. S. 23
  34. Die im Paperback gesammelten Folgen einer Mangaserie.
  35. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 8ff.
  36. Jetro : Japanese publishing industry http://www.jetro.go.jp/en/market/trend/industrial/pdf/jem0507-2e.pdf
  37. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S.7
  38. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. S. 15 ff.
  39. Schmidt-Denter, Kerstin : Manga. Japanische Comics http://www.japanlink.de/mk/mk_manga_manga.shtml
  40. Vgl. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. S. 26
  41. Ebd. S. 15 ff.
  42. Siehe Kapitel 16 : Anime in Deutschland, S. 110
  43. Dräger, Thomas ; Förster, Sarah : Die besten Mangas und Animes. Königswinter: Heel. 2004. S10 f.
  44. S. Carlsen Comics : 15 Jahre Manga bei Carlsen http://www.carlsencomics.de/cc/cc_artikel/show.php3?id=697&nodeid=138
  45. Dräger, Thomas ; Förster, Sarah : Die besten Mangas und Animes. S10 f.
  46. Carlsen Comics : 15 Jahre Manga bei Carlsen
  47. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. A. S. 8
  48. Carlsen Comics : 15 Jahre Manga bei Carlsen
  49. Stern TV : Manga-Boom. Asiatische Helden erobern Deutschland http://www.stern.de/tv/sterntv/551044.html?nv=stv_pd
  50. Knümann, Bastian : Deutsche Mangabranche boomt weiter, 5.4.2006 http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=204491&_t=ft&_b=1059640
  51. S. Familie im Web : Mangas. Geschichten und Besonderheiten des japanischen Comics
  52. Vgl. Knümann, Bastian : Deutsche Mangabranche boomt weiter, 5.4.2006
  53. Anime auf DVD : Labelinfos http://www.animeaufdvd.info/label/labelinfo.php
  54. Go ist ein vor allem in Ostasien verbreitetes Brettspiel
  55. AnimaniA : AnimagiC http://www.animania.de/animagic/
  56. Gan Shin http://www.gan-shin.de/
  57. Siehe Kapitel 20 : Umfrage: Manga und Anime im Medien- und Interessensverbund, S. 135
  58. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. S. 35 f.
  59. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 22 f.
  60. Salzmann, Irene : Special. Mangas http://deutsche-sf.de/sxe/sx164/16430.html
  61. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S. 9
  62. Vgl. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 18
  63. Vgl. Schodt, Frederik L. : Dreamland Japan. S. 23 f.
  64. Japanischer Begriff für die Zeichner von Mangas
  65. Familie im Web : Mangas. Geschichten und Besonderheiten des japanischen Comics http://www.familie-im-web.de/familie/freizeit/01/manga.html
  66. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 18
  67. S. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. S. 36 f.
  68. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 18
  69. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S. 10
  70. S. ebd.
  71. Vgl. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 18 f.
  72. Ebd. S. 21
  73. S. ebd.
  74. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 18
  75. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 23
  76. McCloud, Scott : Comics richtig lesen. 4. Aufl. Hamburg : Carlsen 1997. S. 82
  77. Paralogie bezeichnet das Benennen oder Beschreiben von Dingen in einer Weise, die den Sachverhalt undeutlich werden lässt.
  78. McCloud, Scott : Comics richtig lesen S. 82 ff.
  79. Fusanosuke Nazume : Ausstellung moderner japanischer Manga in Kurzform. Allgemeine Vorstellung. In: Manga. Die Welt der japanischen Comics. Köln, 2000. S. 14
  80. S. McCloud, Scott : Comics richtig lesen S. 86 ff.
  81. Ebd. S. 89
  82. Vgl. Fusanosuke Nazume : Ausstellung moderner japanischer Manga in Kurzform. S14 f.
  83. S. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 19
  84. S. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 92
  85. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 19
  86. Goergens, Sven F. : Bilder-Fast-Food. In: Focus 22(2002)10, S. 170 ff.
  87. Urban legends sind moderne Sagen oder auch Großstadtlegende, die meist mündlich, inzwischen häufig auch per E-Mail weitergegeben werden. Die Quelle lässt sich meist nicht mehr zurückverfolgen. n seltenen Fällen werden sie auch, bedingt durch unzureichende Recherche, als Nachrichten in den Medien verbreitet.
  88. Siehe Kapitel 20 : Umfrage: Manga und Anime im Medien- und Interessensverbund, S. 135
  89. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 18 f.
  90. Schodt, Frederik L. : Dreamland Japan. 49 f.
  91. Vgl. ebd.
  92. S. ebd.
  93. S. Gravett, Paul : Manga. S. 101
  94. Vgl. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 23
  95. S. Schodt, Frederik L. : Dreamland Japan S. 50
  96. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 23
  97. Vgl. Schodt, Frederik L. : Dreamland Japan S. 51
  98. Vgl. ebd.
  99. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 23
  100. S. ebd.
  101. Vgl. Schodt, Frederik L. : Manga! Manga. S. 132
  102. Vgl. Berndt, Jaqueline : Phänomen Manga. S. 149
  103. S. Schodt, Frederik L. : Dreamland Japan S. 51
  104. S. Schmidt, Christian : Warum gibt es Vorurteile gegen Comic- und Mangafans? http://www.animestreet.de/artikel.php?aid=20
  105. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 23
  106. S. Schmidt, Christian : Warum gibt es Vorurteile gegen Comic- und Mangafans?
  107. S. Egmont Manga & Anime http://www.manganet.de/
  108. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S. 15
  109. Vgl. Erbstößer, Ralf : Manga? Anime? Was ist das? S. 23
  110. S. Denke, Matthias : Von Japan lernen http://www.lesen-in-deutschland.de/html/content.php?object=journal&lid=651
  111. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S. 13
  112. Neugebauer, Julia : Andreas C. Knigge http://www.arte.tv/de/kunst-musik/Quiz_20_26_20Partner/677614.html
  113. Knümann, Bastian : Deutsche Mangabranche boomt weiter,
  114. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S.12 f.
  115. Denke, Matthias : Von Japan lernen
  116. Fischer, Gabriele : Manga. Zwischen Aversion und Jugendkultur. S13 f.
  117. Korea Culture & Content Agency : Manhwa. In: Die Welt der Koreanischen Comics. Sammler 2005. Seoul, 2005. S. 8
  118. Clausen, Peter : Manhwa. Manga „made in Korea“. In: MangasZene 4(2004)19, S. 48
  119. Albrecht, Tina ; Grotelüschen, Lily : Interview mit Pak Seok-Sin. In: MangasZene 4(2004)19, S. 49
  120. Vgl. Korea Culture & Content Agency : Manhwa. S. 9
  121. Albrecht, Tina ; Grotelüschen, Lily : Interview mit Pak Seok-Sin. S. 49
  122. Schultz, Lisa : Manhua http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4332&Alias=Dossiers&cob=192844&currentpage=0
  123. Chinesisch für „Kettenbilder“
  124. Seifert, Andreas : Comic in China. Sinisierung einer Popkultur http://parapluie.de/archiv/china/comic/
  125. Vgl. ebd.
  126. Schultz, Lisa : Manhua
  127. Die lautliche Übertragung des englischen „Cartoon“
  128. Seifert, Andreas : Comic in China
  129. Schultz, Lisa : Manhua
  130. Seifert, Andreas : Comic in China
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